© Randy
Wochenbetreuung

Kapitel 8 - Gedanken an Lisa


 


Gähnend saß ich im Empfangsbüro. Wochenendbereitschaft. Wer meinte, da könnte man eine ruhige Kugel schieben, hatte sich gewaltig getäuscht! Gerade während der kalten Jahreszeit herrschte bei uns Hochkonjunktur. Die Leute konnten nicht hinaus, saßen zu Hause herum und es kam zu Streitigkeiten. Das ging eine Weile gut, doch irgendwann war es soweit, dass die Paare unsere Dienste in Anspruch nahmen.

"Na ja, eine halbe Stunde noch. Dann um 22 Uhr Stubendurchgang und der Samstag ist gelaufen", dachte ich mir im Stillen.

Wie so oft wanderten meine Gedanken zu Lisa. Schon über drei Monate war es her, dass ich sie zur Betreuung hatte. Seitdem hatte ich nichts mehr von ihr gehört. Schade. Die meisten unserer Kunden kamen mehrmals. Manche sogar regelmäßig. Erziehung ist eben eine langwierige Angelegenheit. Doch bei Lisa schien die eine Woche wohl gewirkt zu haben. Wirklich schade! Zu gerne würde ich ihr mal wieder ein paar Klapse auf ihren süßen Hintern geben.

Gewiss, ich habe schon viele Mädchen erzogen, doch bei Lisa war es anders. Ihre unbefangene, offene Art machte es mir oft schwer, sie strenger zu bestrafen, obwohl sie es bestimmt verdient hätte. Wie sie damals durch die Laubhaufen im Park gesprungen ist... wie ein kleines übermütiges Mädchen. Ich konnte mir danach noch die Vorwürfe des Hausmeisters anhören, der den ganzen Nachmittag lang mühsam das Laub zusammen gerecht hatte. Ob ich meine Gören nicht im Griff hätte? Eine ordentliche Tracht Prügel hätte sie verdient! Ja, gewiss. Aber ich konnte ihr in diesem Moment einfach nicht böse sein.

Diese Angelegenheit hatte noch ein ärgerliches Nachspiel für mich. Dr. Stammann hatte die Unordnung im Park bemerkt und den Hausmeister zur Rede gestellt. Dieser verwies ihn natürlich an mich. Noch heute höre ich Stammann poltern: "Ich dulde nicht, dass hier irgend ein Mädchen bevorzugt behandelt wird!!! Dies gilt auch für Fräulein Filur!!! Ich hoffe ich habe mich klar ausgedrückt, Herr Hartmann!!!" Oh ja. Das hatte er! Wenn der Boss uns Betreuer mit dem Nachnamen anredete, war das kein gutes Zeichen!

Was Lisa jetzt wohl tut? Wahrscheinlich sitzt sie angekuschelt an Gabriels Seite vor dem Fernseher, vermutete ich.

Schläfrig blickte ich zur Uhr. Zehn vor zehn. Stubendurchgang war immer etwas Amüsantes. Eine gute Gelegenheit, auch mal den anderen Mädchen ein paar hinten drauf zu geben. Gründe hierfür fanden sich immer.

Schon wieder klingelte das Telefon.
"Pädagogisches Institut Dr. Stammann. Mein Name ist Aaron Hartmann, was kann ich für Sie tun?", leierte ich mein Sprüchlein zum x-ten Mal herunter.

"Hallo, gut dass ich Sie an der Leitung habe. Ich bin's, Gabriel Engels."
Die Stimme klang nervös und erschöpft. Wie ein Blitz fuhr es mir durch alle Glieder. LISA!

"Guten Abend, Herr Engels, wie geht es Ihnen denn so? Ist mit Ihrer Freundin alles klar?"
"Gar nix ist klar! Sie wird immer unausstehlicher! Faulenzt den ganzen Tag, räumt nicht auf, kommt erst spätabends heim,... und von Tag zu Tag wird es schlimmer mit ihr! Damals als sie vom Institut zurück kam, war sie so brav und ordentlich. Doch nun?!?" Er hörte gar nicht mehr auf zu klagen. "Wissen Sie, ich komme oft erst spät aus dem Büro. Dann muss ich mir erst noch Abendbrot zubereiten, weil meine Madam es nicht fertig bringt, was herzurichten. Es ist doch wohl nicht zu viel verlangt, wenn sie ein paar Brote schmiert, oder? Schließlich ist sie ja den ganzen Tag daheim!"

"Oh, das klingt aber gar nicht schön. Kann ich sie mal kurz sprechen?"
"Ne. Heute Mittag fuhr sie weg, eine Freundin zu besuchen. Um acht wollte sie zuhause sein. Nun ist es fast zehn und sie ist immer noch nicht da", klagte der junge Mann weiter.
"Wirklich übel! Sie sollten sie vielleicht öfter bestrafen!"
"Mach ich doch! Aber es nützt nichts! Letzte Woche musste ich sogar den Teppichklopfer benutzen! Aber gebracht hat's null und nix!"

"Dann müsste Lisas Strafbuch schon ordentlich vollgeschrieben sein, oder?"
"Ach von wegen. Das führe ich schon lange nicht mehr! Es beeindruckt sie nicht im Geringsten!", klang es frustriert vom anderen Ende der Leitung.

Ich hatte mir zwischenzeitlich Lisas Abschlussbericht geholt und ihn kurz überflogen.
"Das dachte ich mir. Was Lisa braucht sind nicht strengere Strafen, sondern Betreuung und Führung, Herr Engels. Und zwar kontinuierlich! Und: sie braucht klare Grenzen! Dr. Stammann hat das sogar dick unterstrichen."

"Das ist es ja mein Problem! Ich muss oft geschäftlich weg und kann einfach nicht dauernd auf sie aufpassen. Nächsten Montag fliege ich für zwei Wochen ins Ausland. Lisa stellt mir die Bude auf den Kopf wenn ich sie so lange alleine lasse!"

Ein kurzer Blick auf Lisas Biografie brachte mein Wissen auf aktuellen Stand: Verwöhnte Tochter wohlhabender Eltern, gute Schulnoten nur in denjenigen Fächern, die ihr Spaß machten, nie richtig arbeiten gelernt, ... . Immer das Gleiche. Ihr Herr Papa hätte sie lieber öfter mal übers Knie legen sollen! Eine ordentliche Tracht Prügel hat noch niemandem geschadet!

"Darf ich Ihnen einen Tipp geben?" Ohne seine Antwort abzuwarten fuhr ich fort: "Erstellen Sie ihr einen klaren Aufgabenplan und kontrollieren es, wenn Sie Lisa anrufen." "Ach was! Bringt nix! Dann schwindelt sie mich nur an. Herr Hartmann, könnte ich Lisa nicht für die zwei Wochen zu Ihnen ins Institut bringen?"

"Das wird schwierig! Wir sind total ausgebucht", antwortete ich ihm, den Belegungsplan durch blätternd. "Und ich selbst habe die nächsten beiden Wochen Urlaub." "Lässt sich da wirklich nichts machen?", bettelte er.

Innerlich hatte ich meinen Urlaub schon abgeschrieben. Was soll's, dann blieb die neue Ski-Ausrüstung eben im Schrank liegen. Lisa war es mir wert.

Der Gong der Uhr ließ mich aufschrecken. Zehn Uhr!
"Herr Engels, ich rufe Sie gleich zurück. Ich muss dringend los zum Stubendurchgang!"
Hastig verabschiedeten wir uns und ich eilte durch den langen Flur zu den Mädchenzimmern.

Den Mädchen dürfte nicht entgangen sein, dass ich mit meinen Gedanken ganz woanders war. Oh ja, da hätte ich so manchen Hintern versohlen können! Gründe gab es zuhauf: Kleider nicht ordentlich über den Stuhl gelegt, Zimmer nicht aufgeräumt und in einem Raum roch es sogar leicht nach Zigarettenrauch. Nein, das konnte ich wirklich nicht durchgehen lassen! Widerwillig rückte Andrea die Schachtel raus, um sich danach eine gewaltige Standpauke anzuhören.
"So mein Liebes, komm' über mein Knie!"
Das kurze Hemdchen war schnell hoch geschoben und schon begann das altbekannte Konzert aus lauten Klatschern und weinerlichem Jammern.
"Dir werde ich das Rauchen abgewöhnen!" KLATSCH-KLATSCH-KLATSCH
Gute fünf Minuten lang versohlte ich ihr nach Strich und Faden den Po, bis ich sie wieder frei gab und dem heulenden Mädchen eröffnete, dass ich selbstverständlich ihrem Betreuer Meldung erstatten müsste. Das saß! Sie war nämlich bei Hans und der fackelte nicht lange, sondern ließ die Gören den Rohrstock spüren.

Die restlichen Zimmer waren schnell geprüft. Statt die Vergehen persönlich zu ahnden, stellte ich den Mädchen Strafzettel aus, die sie am Montag ihrem Betreuer vorlegen mussten. Diese würde ich dann abgezeichnet zurück erhalten, um sicher zu stellen, dass die Damen nicht schummelten.

Ins Büro zurückgekehrt rief ich Dr. Stammann an, um ihn von der kurzfristigen Änderung meiner Urlaubspläne zu unterrichten. Er war mit Lisas Kommen einverstanden, betonte aber, dass ihm solche Spontanaktionen prinzipiell gegen den Strich gingen.

Kurz darauf rief ich den geplagten Mann zurück.
"Herr Engels, ich habe eine gute Nachricht für Sie. Dr. Stammann ist einverstanden und ich verschiebe meinen Urlaub. Sie können Lisa am Sonntagabend gegen 17 Uhr bringen. Ich verpasse ihr dann gleich einen 'Willkomm', damit sie wieder weiß, dass hier ein anderer Wind weht!"

Herr Engels bedankte sich überschwänglich und versprach, mir bis Sonntag vormittag eine Liste ihrer Sünden zuzufaxen, damit ich mich vorbereiten konnte. Wir plauderten noch eine Weile, bis ich mich schließlich verabschiedete, um ins Bett zu gehen.

Lisa kommt! All meine Gedanken kreisten um diese Frau und unsere gemeinsamen Erlebnisse. Als ich sie in ihrem kurzen Hemdchen über den Flur zur Toilette trieb... nett. Oder als sie auf der Schaukel lag und ich sie mit saftigen Klapsen in Schwung brachte...

Dieses Mädchen hatte etwas Faszinierendes an sich. Selten hatte ich eine Erziehung so sehr genossen wie ihre. Und ich glaubte, sie sah deren Notwendigkeit auch ein. Wer weiß, vielleicht hatte sie Gabriel sogar absichtlich geärgert, um wieder ins Institut zu müssen? Wir würden es ja sehen...

Trotzdem: Lisa musste lernen zu gehorchen. Und zwar schnell. Ich würde ihr dabei helfen so gut ich konnte. Wer sich benahm wie eine kleine verzogene Göre würde auch so behandelt!
Meine Empfindungen mussten da außen vor bleiben. Ich tat hier nur meinen Job.

Am folgenden Morgen eilte ich zuerst ins Büro und fand dort Herrn Engels' Fax, welches ich noch vor dem Frühstück eingehend studierte. Oh ja, da hatte sich einiges angesammelt! Auf mich kam viel Arbeit mit Lisa zu! Eines war klar: Entweder sie änderte sich oder ich änderte sie!


Der Sonntag verging ätzend langsam. Ein paar Anrufe und ein Hinternvoll, weil ein Mädchen beim Mittagessen mit vollem Mund gesprochen hatte. Sonst nichts, was der Erwähnung wert gewesen wäre.

Der Tag neigte sich dem Ende zu; die Dämmerung brach zügig herein.
Immer wieder starrte ich die lange Auffahrt hinunter in der Hoffnung Gabriels Auto würde kommen. Eine halbe Stunde noch. Da es bereits ziemlich dunkel geworden war, schaltete ich die Außenbeleuchtung ein.

Plötzlich kam ein Wagen durch den Torbogen. Elektrisiert starrte ich durch das Fenster. Ja, das waren sie! Herr Engels parkte ziemlich am Ende des langen Weges und kam mit zwei großen Taschen beladen langsam auf das Haus zu, während Lisa wie ein übermütiges kleines Mädchen herum hüpfte. Ihre braunen Haare hatte sie zu einem Pferdeschwanz gebunden, der lustig umher tanzte, als sie so herum tollte. Sie trug eine Latzhose und ihre weißen Strümpfe schauten aus den hoch gekrempelten Hosenbeinen hervor. Stand ihr gut und verlieh ihr ein etwas burschikoses Aussehen.

Mannomann, dieses kleine Gör! Ihre unbändige Lebensfreude war geradezu ansteckend. Ich würde höllisch aufpassen müssen, die gebotene emotionale Distanz zu wahren. Schließlich war hier ja kein Vergnügungspark!
Das Lachen würde ihr schon noch vergehen! Hmmm, fast ein bisschen schade drum.

Endlich traten die Beiden ein und ihr Freund stellte keuchend die schweren Taschen ab. Er machte einen geschafften Eindruck, während Lisa ganz im Gegensatz zu ihrem ersten Besuch geradezu fröhlich aus der Wäsche schaute. Mir schien, dass diese Fröhlichkeit gespielt war, doch ganz sicher war ich mir noch nicht.

"Hallo Lisa, schön dich wieder hier zu sehen! Du hast es wohl mal wieder nötig, oder?" Lisa nuckelte an ihrem Daumen und schaute mich mit großen Augen unschuldig an.

Oh, Mann! Schon wieder dieser Blick! Ich musste mich echt beherrschen, sie streng anzusehen.

"Ich? Nööö! Ich bin doch immer brav!"
Wenn ich nicht schwarz auf weiß hätte, welch eine ungezogene und störrische Göre sie war, hätte ich mich in diesem Augenblick sicherlich erweichen lassen.

"Soso? Und was ist das hier?"
Das Fax, mit welchem ich ihr vor der Nase herum fuchtelte, verunsicherte sie.
"Ähm... ja... also... das war so..."

"Reden wir nicht lang rum! Hier ist dein Zimmerschlüssel. Räume deinen Schrank ein und in 30 Minuten treffen wir uns zu dritt in der Erziehung! Ich werde dort auf euch warten."
"Aber Aaron.."
"Ruhe jetzt und zisch' ab!"

Das saß! Sichtlich nervös verließ sie an Hand ihres Freundes das Büro.
Uff! Geschafft! Es ist mir gleich zu Beginn gelungen, sie in den Griff zu bekommen.
Den Hausmeister bat ich, mich im Büro zu vertreten, da ich aus wichtigem Anlass in der Erziehung zu tun hätte. Süffisant grinsend blickte er mir nach.

Um ihr einen gehörigen Schrecken einzujagen legte ich einen langen Rohrstock demonstrativ auf den Tisch. Ich hoffte, dass er nicht zur Anwendung kommen musste, denn im Grunde war Lisa ja ein vernünftiges Mädchen. Der bloße Anblick des Mädchentrösters und eine ordentliche Portion Klapse würden sie schon zur Einsicht bringen.

Mein Blick fiel auf das Instituts-Wappen an der Stirnseite des Raumes. Stammann hatte es anfertigen lassen, nicht ohne einen Hauch von Ironie. Wer genau hinsah, bemerkte, dass die Stiele des Eichenlaubes wie dünne Rohrstöcke gezeichnet waren. Auch die Verästelungen der Blattadern waren dem Aussehen von Ruten nachempfunden. Über dem Wappen prangte die lateinische Inschrift "GRAVIORE CVLPA GRAVIOR POENA". Je schwerer die Schuld desto schwerer die Strafe.

Über dem Eingangsportal hing noch so ein Wappen. Neben dem unseres Mäzens, einem älteren Gentleman, welcher unsere Arbeit aus rein idealistischen Gründen unterstützte.

Ja, Dr. Stammann war sehr traditionsbewusst aber keineswegs altmodisch. Großen Wert legte er auf klassische Tugenden wie Pünktlichkeit, Ordnung, Fleiß, Umgangsformen und Ehrlichkeit. Also alles, woran es unseren Kunden in nicht unerheblichem Maße mangelte.

Kaum dass ich den Strafbock ich in die Mitte des Raumes geschoben hatte, klopfte es an der Tür.