Gähnend saß ich im Empfangsbüro. Wochenendbereitschaft.
Wer meinte, da könnte man eine ruhige Kugel schieben, hatte sich
gewaltig getäuscht! Gerade während der kalten Jahreszeit herrschte
bei uns Hochkonjunktur. Die Leute konnten nicht hinaus, saßen
zu Hause herum und es kam zu Streitigkeiten. Das ging eine Weile gut,
doch irgendwann war es soweit, dass die Paare unsere Dienste in Anspruch
nahmen.
"Na ja, eine halbe Stunde noch. Dann um 22 Uhr Stubendurchgang
und der Samstag ist gelaufen", dachte ich mir im Stillen.
Wie so oft wanderten meine Gedanken zu Lisa. Schon über drei Monate
war es her, dass ich sie zur Betreuung hatte. Seitdem hatte ich nichts
mehr von ihr gehört. Schade. Die meisten unserer Kunden kamen mehrmals.
Manche sogar regelmäßig. Erziehung ist eben eine langwierige
Angelegenheit. Doch bei Lisa schien die eine Woche wohl gewirkt zu haben.
Wirklich schade! Zu gerne würde ich ihr mal wieder ein paar Klapse
auf ihren süßen Hintern geben.
Gewiss, ich habe schon viele Mädchen erzogen, doch bei Lisa war
es anders. Ihre unbefangene, offene Art machte es mir oft schwer, sie
strenger zu bestrafen, obwohl sie es bestimmt verdient hätte. Wie
sie damals durch die Laubhaufen im Park gesprungen ist... wie ein kleines
übermütiges Mädchen. Ich konnte mir danach noch die Vorwürfe
des Hausmeisters anhören, der den ganzen Nachmittag lang mühsam
das Laub zusammen gerecht hatte. Ob ich meine Gören nicht im Griff
hätte? Eine ordentliche Tracht Prügel hätte sie verdient!
Ja, gewiss. Aber ich konnte ihr in diesem Moment einfach nicht böse
sein.
Diese Angelegenheit hatte noch ein ärgerliches Nachspiel für
mich. Dr. Stammann hatte die Unordnung im Park bemerkt und den Hausmeister
zur Rede gestellt. Dieser verwies ihn natürlich an mich. Noch heute
höre ich Stammann poltern: "Ich dulde nicht, dass hier irgend
ein Mädchen bevorzugt behandelt wird!!! Dies gilt auch für
Fräulein Filur!!! Ich hoffe ich habe mich klar ausgedrückt,
Herr Hartmann!!!" Oh ja. Das hatte er! Wenn der Boss uns Betreuer
mit dem Nachnamen anredete, war das kein gutes Zeichen!
Was Lisa jetzt wohl tut? Wahrscheinlich sitzt sie angekuschelt an Gabriels
Seite vor dem Fernseher, vermutete ich.
Schläfrig blickte ich zur Uhr. Zehn vor zehn. Stubendurchgang
war immer etwas Amüsantes. Eine gute Gelegenheit, auch mal den
anderen Mädchen ein paar hinten drauf zu geben. Gründe hierfür
fanden sich immer.
Schon wieder klingelte das Telefon.
"Pädagogisches Institut Dr. Stammann. Mein Name ist Aaron
Hartmann, was kann ich für Sie tun?", leierte ich mein Sprüchlein
zum x-ten Mal herunter.
"Hallo, gut dass ich Sie an der Leitung habe. Ich bin's, Gabriel
Engels."
Die Stimme klang nervös und erschöpft. Wie ein Blitz fuhr
es mir durch alle Glieder. LISA!
"Guten Abend, Herr Engels, wie geht es Ihnen denn so? Ist mit
Ihrer Freundin alles klar?"
"Gar nix ist klar! Sie wird immer unausstehlicher! Faulenzt den
ganzen Tag, räumt nicht auf, kommt erst spätabends heim,...
und von Tag zu Tag wird es schlimmer mit ihr! Damals als sie vom Institut
zurück kam, war sie so brav und ordentlich. Doch nun?!?" Er
hörte gar nicht mehr auf zu klagen. "Wissen Sie, ich komme
oft erst spät aus dem Büro. Dann muss ich mir erst noch Abendbrot
zubereiten, weil meine Madam es nicht fertig bringt, was herzurichten.
Es ist doch wohl nicht zu viel verlangt, wenn sie ein paar Brote schmiert,
oder? Schließlich ist sie ja den ganzen Tag daheim!"
"Oh, das klingt aber gar nicht schön. Kann ich sie mal kurz
sprechen?"
"Ne. Heute Mittag fuhr sie weg, eine Freundin zu besuchen. Um acht
wollte sie zuhause sein. Nun ist es fast zehn und sie ist immer noch
nicht da", klagte der junge Mann weiter.
"Wirklich übel! Sie sollten sie vielleicht öfter bestrafen!"
"Mach ich doch! Aber es nützt nichts! Letzte Woche musste
ich sogar den Teppichklopfer benutzen! Aber gebracht hat's null und
nix!"
"Dann müsste Lisas Strafbuch schon ordentlich vollgeschrieben
sein, oder?"
"Ach von wegen. Das führe ich schon lange nicht mehr! Es beeindruckt
sie nicht im Geringsten!", klang es frustriert vom anderen Ende
der Leitung.
Ich hatte mir zwischenzeitlich Lisas Abschlussbericht geholt und ihn
kurz überflogen.
"Das dachte ich mir. Was Lisa braucht sind nicht strengere Strafen,
sondern Betreuung und Führung, Herr Engels. Und zwar kontinuierlich!
Und: sie braucht klare Grenzen! Dr. Stammann hat das sogar dick unterstrichen."
"Das ist es ja mein Problem! Ich muss oft geschäftlich weg
und kann einfach nicht dauernd auf sie aufpassen. Nächsten Montag
fliege ich für zwei Wochen ins Ausland. Lisa stellt mir die Bude
auf den Kopf wenn ich sie so lange alleine lasse!"
Ein kurzer Blick auf Lisas Biografie brachte mein Wissen auf aktuellen
Stand: Verwöhnte Tochter wohlhabender Eltern, gute Schulnoten nur
in denjenigen Fächern, die ihr Spaß machten, nie richtig
arbeiten gelernt, ... . Immer das Gleiche. Ihr Herr Papa hätte
sie lieber öfter mal übers Knie legen sollen! Eine ordentliche
Tracht Prügel hat noch niemandem geschadet!
"Darf ich Ihnen einen Tipp geben?" Ohne seine Antwort abzuwarten
fuhr ich fort: "Erstellen Sie ihr einen klaren Aufgabenplan und
kontrollieren es, wenn Sie Lisa anrufen." "Ach was! Bringt
nix! Dann schwindelt sie mich nur an. Herr Hartmann, könnte ich
Lisa nicht für die zwei Wochen zu Ihnen ins Institut bringen?"
"Das wird schwierig! Wir sind total ausgebucht", antwortete
ich ihm, den Belegungsplan durch blätternd. "Und ich selbst
habe die nächsten beiden Wochen Urlaub." "Lässt
sich da wirklich nichts machen?", bettelte er.
Innerlich hatte ich meinen Urlaub schon abgeschrieben. Was soll's,
dann blieb die neue Ski-Ausrüstung eben im Schrank liegen. Lisa
war es mir wert.
Der Gong der Uhr ließ mich aufschrecken. Zehn Uhr!
"Herr Engels, ich rufe Sie gleich zurück. Ich muss dringend
los zum Stubendurchgang!"
Hastig verabschiedeten wir uns und ich eilte durch den langen Flur zu
den Mädchenzimmern.
Den Mädchen dürfte nicht entgangen sein, dass ich mit meinen
Gedanken ganz woanders war. Oh ja, da hätte ich so manchen Hintern
versohlen können! Gründe gab es zuhauf: Kleider nicht ordentlich
über den Stuhl gelegt, Zimmer nicht aufgeräumt und in einem
Raum roch es sogar leicht nach Zigarettenrauch. Nein, das konnte ich
wirklich nicht durchgehen lassen! Widerwillig rückte Andrea die
Schachtel raus, um sich danach eine gewaltige Standpauke anzuhören.
"So mein Liebes, komm' über mein Knie!"
Das kurze Hemdchen war schnell hoch geschoben und schon begann das altbekannte
Konzert aus lauten Klatschern und weinerlichem Jammern.
"Dir werde ich das Rauchen abgewöhnen!" KLATSCH-KLATSCH-KLATSCH
Gute fünf Minuten lang versohlte ich ihr nach Strich und Faden
den Po, bis ich sie wieder frei gab und dem heulenden Mädchen eröffnete,
dass ich selbstverständlich ihrem Betreuer Meldung erstatten müsste.
Das saß! Sie war nämlich bei Hans und der fackelte nicht
lange, sondern ließ die Gören den Rohrstock spüren.
Die restlichen Zimmer waren schnell geprüft. Statt die Vergehen
persönlich zu ahnden, stellte ich den Mädchen Strafzettel
aus, die sie am Montag ihrem Betreuer vorlegen mussten. Diese würde
ich dann abgezeichnet zurück erhalten, um sicher zu stellen, dass
die Damen nicht schummelten.
Ins Büro zurückgekehrt rief ich Dr. Stammann an, um ihn von
der kurzfristigen Änderung meiner Urlaubspläne zu unterrichten.
Er war mit Lisas Kommen einverstanden, betonte aber, dass ihm solche
Spontanaktionen prinzipiell gegen den Strich gingen.
Kurz darauf rief ich den geplagten Mann zurück.
"Herr Engels, ich habe eine gute Nachricht für Sie. Dr. Stammann
ist einverstanden und ich verschiebe meinen Urlaub. Sie können
Lisa am Sonntagabend gegen 17 Uhr bringen. Ich verpasse ihr dann gleich
einen 'Willkomm', damit sie wieder weiß, dass hier ein anderer
Wind weht!"
Herr Engels bedankte sich überschwänglich und versprach,
mir bis Sonntag vormittag eine Liste ihrer Sünden zuzufaxen, damit
ich mich vorbereiten konnte. Wir plauderten noch eine Weile, bis ich
mich schließlich verabschiedete, um ins Bett zu gehen.
Lisa kommt! All meine Gedanken kreisten um diese Frau und unsere gemeinsamen
Erlebnisse. Als ich sie in ihrem kurzen Hemdchen über den Flur
zur Toilette trieb... nett. Oder als sie auf der Schaukel lag und ich
sie mit saftigen Klapsen in Schwung brachte...
Dieses Mädchen hatte etwas Faszinierendes an sich. Selten hatte
ich eine Erziehung so sehr genossen wie ihre. Und ich glaubte, sie sah
deren Notwendigkeit auch ein. Wer weiß, vielleicht hatte sie Gabriel
sogar absichtlich geärgert, um wieder ins Institut zu müssen?
Wir würden es ja sehen...
Trotzdem: Lisa musste lernen zu gehorchen. Und zwar schnell. Ich würde
ihr dabei helfen so gut ich konnte. Wer sich benahm wie eine kleine
verzogene Göre würde auch so behandelt!
Meine Empfindungen mussten da außen vor bleiben. Ich tat hier
nur meinen Job.
Am folgenden Morgen eilte ich zuerst ins Büro und fand dort Herrn
Engels' Fax, welches ich noch vor dem Frühstück eingehend
studierte. Oh ja, da hatte sich einiges angesammelt! Auf mich kam viel
Arbeit mit Lisa zu! Eines war klar: Entweder sie änderte sich oder
ich änderte sie!
Der Sonntag verging ätzend langsam. Ein paar Anrufe und ein Hinternvoll,
weil ein Mädchen beim Mittagessen mit vollem Mund gesprochen hatte.
Sonst nichts, was der Erwähnung wert gewesen wäre.
Der Tag neigte sich dem Ende zu; die Dämmerung brach zügig
herein.
Immer wieder starrte ich die lange Auffahrt hinunter in der Hoffnung
Gabriels Auto würde kommen. Eine halbe Stunde noch. Da es bereits
ziemlich dunkel geworden war, schaltete ich die Außenbeleuchtung
ein.
Plötzlich kam ein Wagen durch den Torbogen. Elektrisiert starrte
ich durch das Fenster. Ja, das waren sie! Herr Engels parkte ziemlich
am Ende des langen Weges und kam mit zwei großen Taschen beladen
langsam auf das Haus zu, während Lisa wie ein übermütiges
kleines Mädchen herum hüpfte. Ihre braunen Haare hatte sie
zu einem Pferdeschwanz gebunden, der lustig umher tanzte, als sie so
herum tollte. Sie trug eine Latzhose und ihre weißen Strümpfe
schauten aus den hoch gekrempelten Hosenbeinen hervor. Stand ihr gut
und verlieh ihr ein etwas burschikoses Aussehen.
Mannomann, dieses kleine Gör! Ihre unbändige Lebensfreude
war geradezu ansteckend. Ich würde höllisch aufpassen müssen,
die gebotene emotionale Distanz zu wahren. Schließlich war hier
ja kein Vergnügungspark!
Das Lachen würde ihr schon noch vergehen! Hmmm, fast ein bisschen
schade drum.
Endlich traten die Beiden ein und ihr Freund stellte keuchend die schweren
Taschen ab. Er machte einen geschafften Eindruck, während Lisa
ganz im Gegensatz zu ihrem ersten Besuch geradezu fröhlich aus
der Wäsche schaute. Mir schien, dass diese Fröhlichkeit gespielt
war, doch ganz sicher war ich mir noch nicht.
"Hallo Lisa, schön dich wieder hier zu sehen! Du hast es
wohl mal wieder nötig, oder?" Lisa nuckelte an ihrem Daumen
und schaute mich mit großen Augen unschuldig an.
Oh, Mann! Schon wieder dieser Blick! Ich musste mich echt beherrschen,
sie streng anzusehen.
"Ich? Nööö! Ich bin doch immer brav!"
Wenn ich nicht schwarz auf weiß hätte, welch eine ungezogene
und störrische Göre sie war, hätte ich mich in diesem
Augenblick sicherlich erweichen lassen.
"Soso? Und was ist das hier?"
Das Fax, mit welchem ich ihr vor der Nase herum fuchtelte, verunsicherte
sie.
"Ähm... ja... also... das war so..."
"Reden wir nicht lang rum! Hier ist dein Zimmerschlüssel.
Räume deinen Schrank ein und in 30 Minuten treffen wir uns zu dritt
in der Erziehung! Ich werde dort auf euch warten."
"Aber Aaron.."
"Ruhe jetzt und zisch' ab!"
Das saß! Sichtlich nervös verließ sie an Hand ihres
Freundes das Büro.
Uff! Geschafft! Es ist mir gleich zu Beginn gelungen, sie in den Griff
zu bekommen.
Den Hausmeister bat ich, mich im Büro zu vertreten, da ich aus
wichtigem Anlass in der Erziehung zu tun hätte. Süffisant
grinsend blickte er mir nach.
Um ihr einen gehörigen Schrecken einzujagen legte ich einen langen
Rohrstock demonstrativ auf den Tisch. Ich hoffte, dass er nicht zur
Anwendung kommen musste, denn im Grunde war Lisa ja ein vernünftiges
Mädchen. Der bloße Anblick des Mädchentrösters
und eine ordentliche Portion Klapse würden sie schon zur Einsicht
bringen.
Mein Blick fiel auf das Instituts-Wappen an der Stirnseite des Raumes.
Stammann hatte es anfertigen lassen, nicht ohne einen Hauch von Ironie.
Wer genau hinsah, bemerkte, dass die Stiele des Eichenlaubes wie dünne
Rohrstöcke gezeichnet waren. Auch die Verästelungen der Blattadern
waren dem Aussehen von Ruten nachempfunden. Über dem Wappen prangte
die lateinische Inschrift "GRAVIORE CVLPA GRAVIOR POENA".
Je schwerer die Schuld desto schwerer die Strafe.
Über dem Eingangsportal hing noch so ein Wappen. Neben dem unseres
Mäzens, einem älteren Gentleman, welcher unsere Arbeit aus
rein idealistischen Gründen unterstützte.
Ja, Dr. Stammann war sehr traditionsbewusst aber keineswegs altmodisch.
Großen Wert legte er auf klassische Tugenden wie Pünktlichkeit,
Ordnung, Fleiß, Umgangsformen und Ehrlichkeit. Also alles, woran
es unseren Kunden in nicht unerheblichem Maße mangelte.
Kaum dass ich den Strafbock ich in die Mitte des Raumes geschoben hatte,
klopfte es an der Tür.
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