© Lilli
Der Tag danach

 

Es ist Dienstagmorgen. Der Wecker hat vor einer halben Stunde geklingelt. Gabriel ist unter der Dusche gewesen. Ich höre ihn in der Küche klappern. Es duftet nach Kaffee. Aber ich habe keine Lust auf Kaffee. Erst gestern gab es deswegen eine Auseinandersetzung. Beim Gedanken daran fasse ich unter der Bettdecke an meinen Popo. Au, das zieht ja immer noch. Diese Schlacht hat eindeutig Gabriel gewonnen. Gabriels Bettwäsche und die übrigen Dinge, die ich gestern herum geworfen habe, liegen noch auf dem Boden verstreut. Er hat sie nicht aufgehoben. Ich auch nicht. Auch das war ein Grund für den Povoll gestern. In letzter Zeit zögert Gabriel nicht lange, wenn was vorgefallen ist. Mal sehen wie das noch endet.
Die Tür geht auf. Ein Tablett erscheint in der Türöffnung mit Gabriel im Schlepptau. Ich sehe die Kaffeekanne, und da steht sogar Tee! Ich drehe mich wieder um und stelle mich schlafend. Er stellt das Tablett ab und hebt die Bettdecke. Inspiziert den Po und zieht die Luft durch die Zähne. "Ganz schön rot", höre ich ihn murmeln. "Ja, sieh dir das nur gut an, was du da gemacht hast" ,denke ich missmutig.- "Aber verdient", fügt er hinzu. Gabriel nimmt die Cremetube von dem Nachttisch und legt noch mal eine Lage nach. Die Berührung lässt mich zusammenfahren. Mit Schlaf ist Gabriel nun nicht mehr zu kommen. Er dreht mich zu sich. "Na, hast du was gelernt? Dann kannst du ja vielleicht bald wieder mal anders als auf dem Bauch schlafen", sagt er freundlich aber eindeutig. "Du kannst mich mal...", denke ich und spreche es auch aus. Gabriels Blick tastet mich forschend ab...
"Bist du etwa noch immer maulig?--- Das darf ja wohl nicht wahr sein!--- Nein, nein das war schon gerechtfertigt gestern. Hättest du nicht solch einen Aufstand gemacht..."--- "Du Affe", denke ich. "Das fehlt mir jetzt auch noch. Dieses Meckern am Morgen!" Ich lasse dich mit dem Frühstück da stehen und drehe mich wieder auf die andere Seite.


"Nein, so geht das nicht, sooo nicht!" Gabriels Stimme hat ihre Freundlichkeit verloren. Er setzt sich auf die Bettkante. "Sieh mich an und hör mir zu!" fordert er. Aber ich habe keine Lust. Er greift nach meiner Schulter und dreht mich zu sich, nimmt mein Gesicht in seine beiden Hände. Nun ist er mir näher als mir lieb ist. "Sieh mich an!--- Du wirst dich benehmen. Kannst du es nicht, dann lernst du es. Es wird immer wieder was hinten drauf geben, wenn du nicht lieb bist!" --- "Aber..."---"Kein Aber! Ich gehe jetzt in die Küche und komme in 10 Minuten wieder, und wehe, es ist hier nicht alles aufgeräumt!" Die Tür knallt ins Schloss. So ein Dreck. Und nun? Erst mal einen Tee und noch mal ausgestreckt. Ist der heiß! Ich überlege noch, ob ich nachgeben will, da höre ich die Küchentür. Mist, die Zeit ist um. Wie der Blitz bin ich aus dem Bett und schieße mit dem Fuß all das Herumliegende unters Bett. Die Tür geht auf und Gabriel kommt rein. Erstaunt sieht er sich um. "Das hätte ich jetzt nicht gedacht.... Wo ist denn..." Er sucht wohl die Bettdecke, schaut sich um, schaut warnend auf mich, dann unters Bett. "LISA!" --- Ich laufe schnell ins Bad und schließe die Tür ab. "Ufff, geschafft." Nach einer Weile höre ich die Haustür. Gabriel geht zur Arbeit. Die Gefahr ist erst mal gebannt. Und nachher hat er sich vielleicht beruhigt.
Ich dusche in Ruhe.(aaaa, brennt das Wasser auf dem Popo!) Dann gehe ich mich anziehen und in die Küche. Da liegt ein Zettel. Darauf unverkennbar Gabriels Handschrift: "Hausarrest" und drei Ausrufezeichen!!! Ahnend gehe ich zur Tür. Tatsächlich, eingeschlossen! Spinnt der? Wenn es nun brennt??!! Ich gehe wieder in die Küche. Auf dem Zettel steht noch was in klein. "Im Notfall hat mein Vater nebenan einen Schlüssel! Kannst ihm ja erklären, warum du eingeschlossen bist!" Ich sehe Gabriels Grinsen vor mir. So ein Sack! Niemals! Ich schaue aus dem Fenster im dritten Stock. Nein, das wird auch nichts. Da fällt mir was ein. Wir haben doch einen Bund mit Ersatzschlüsseln. Ich suche und krame, denn ich bin in der Stadt mit meiner Freundin verabredet. Da klingelt das Telefon. Es ist tatsächlich Wiebke. "Hallo, Lisa. Gabriel rief mich gerade an und hat erzählt, was los war. Du Arme! Kannst du nicht fix aufräumen, ihn anrufen und bitten, dass er in der Pause mal eben kommt und aufschließt?"---"Was? Das schaffe ich nie!" In Inneren bin ich enttäuscht, dass sie nicht über Gabriel wettert. Sie nimmt es einfach so hin!-"Dann ruf wenigstens an und sag, dass es dir leid tut und dass du es heute Abend fertig machst. Dann können wir wenigstens noch auf das Straßenfest!" - "Darauf läßt er sich nie ein, und vor allem, warum soll ICH anrufen? Nachdem, was ER gemacht hat?!"--- "Nimm es mir nicht übel, aber ich glaube, das war wirklich mal nötig!"


"Wiebke!" Ich bin tatsächlich entsetzt. "Ja, also, wenn ich er wäre, hätte es auch was gesetzt", setzt sie nun noch eins drauf!--- Ich überlege. "Ich versuch´s", sage ich in Gedanken versunken. "Ich rufe dich wieder an." Nun ist auch noch Wiebke auf Gabriels Seite! Das ist ja ne Pleite. Ich nehme den Hörer auf und wähle Gabriels Nummer, lege gleich wieder auf. Dann doch.-Ein Kollege geht ran. Gabriel wird geholt. Ich höre seine Schritte eilig durch den Raum hallen, als der Ruf "Gabriel! Telefon!" erschallt. "Der weiß das ich es bin!" "Ja?"-"Gabriel, ich bin es!" Meine Stimme ist nicht so kraftvoll, wie ich es mir gewünscht hätte. "Ja, Lisa -- Willst du mir was sagen?" --- "Ich wollte doch heute mit Wiebke auf das Straßenfest!" --- "Soso, hast du denn schon was aufgeräumt?" --- "Nein, noch nicht!"--- "Noch gar nichts?"--- "Ne..." --- "Also ich rufe dich um 11 noch mal an und sehe wie weit du bist, dann entscheide ich, ob du weiter Stubenarrest hast." Peng aufgelegt. Ich rufe wieder bei Wiebke an und berichte. "Dann mach jetzt aber auch hin, sonst überlegt er es sich anders!" ist ihr einziger Kommentar! Na toll. Erst mal mache ich laut Musik an. Das Bettzeug ist eh dreckig vom Boden. Also alles abziehen und neues drauf. Das dauert. Aber die Waschmaschine läuft immerhin schon. Der Abwasch ist als nächstes dran. Da ist es 11Uhr und das Telefon bimmelt. Ich drehe die Musik ab. "Lisa, was ist das für ein Krach? Mein Vater ruft gerade an und sagt, du hättest die Musik voll aufgedreht. Die Nachbarn schlagen schon Alarm und du öffnest nicht!" -"Hab ich schon leise gemacht." --- Ich höre das resignierte Seufzen Gabriels durch den Hörer. "Und ist alles ordentlich?"-"Fast alles, nur deine ganzen Sachen liegen noch rum."--- "Schaffst du das in einer Stunde?"---"Ich werds versuchen."--- "Gut, dann komme ich gleich vorbei und schaue nach. Ich hoffe für dich, dass das auch stimmt. Ach, und Lisa, ich möchte eine Entschuldigung von dir hören!" Nun seufze ich. Mensch, da hab ich geschuftet und nun hören die Forderungen gar nicht mehr auf! Mühsam mache ich mich wieder an die Arbeit. Aber endlich sieht alles wie geleckt auf. Ich packe schon mal meine Tasche, denn nun gibt es ja nichts mehr zu beanstanden. Um 11.40 geht die Tür. Gabriels Blick ist nicht eben weich. Er schaut in die Küche, das Schlafzimmer, Flur und Arbeitszimmer. "Na, also! Das lässt sich ja sehen!" Dann geht er zum Wohnzimmer. "Was ist denn das? Das nennst du aufgeräumt?"-"Mist, das Wohnzimmer hab ich ganz vergessen" Dort sieht es tatsächlich noch wie nach einem Erdbeben aus. Aber Gabriel sieht, dass ich nicht gelogen habe, es ist wirklich vergessen. Er holt tief Luft. "Also heute Abend ist das hier dran, okay?" Ich nicke. "Und nun komm mal her. Hast du noch was zu sagen?"---Menno, er weiß doch dass mir das schwer fällt. Warum will er mich so quälen? "Du denkst, ich mache das, um dich zu ärgern. Das stimmt aber nicht. Ich will erreichen, dass du merkst, was du angestellt hast und dafür gerade stehst. Also!---- Lisa, ich warte!" --- "Ich...ich...mach das nicht mehr." ---"Was nicht?"--- "Diese Unordnung."---"Aha, es tut dir also leid?"-Ich nicke. "Nein, Lisa, ich will es hören. Sehen kann ich ja, dass du mich nicht anschauen magst. Aber nun will ich es von dir hören! Na los! ---- Dann kann ich ja wieder abschließen und der Stubenarrest bleibt bis heute abend!" Tief Luft holen, eins, zwei, drei. "Es tut mir leid." Gabriel nimmt mich in die Arme. Ich weiß, dass es ihm schwergefallen wäre ,mir das Straßenfest zu versauen. Nun sind wir beide glücklich dass es geklappt hat. "Trotzdem gibt's noch zwei im Stehen hinten drauf, damit du es nicht so schnell wieder vergisst."
Klatsch-Klatsch. Gabriel geht. Der Schlüssel steckt.

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